Tecta
Beistelltisch K10N
Redesign des Bauhaus-Klassikers
Bauhaus Original: Erich Brendel
Redesign: Tobias Groß
Zum 100-jährigen Bestehen des Bauhaus rief Tecta die Initiative Bauhaus Nowhaus aus – Original Bauhaus-Klassiker sollten von zeitgenössischen Gestalter*Innen neuinterpretiert werden. In diesem Rahmen durften wir den Bauhaus-Kubus K10 von Erich Brendel überarbeiten. Unser Ansatz: Die Stützen und Flächen des Tischs sollten filigraner werden, die ganze Erscheinung leichter, um den K10 so für heutige Wohnformen attraktiver zu machen.
Dies unterstützt die neue ton-in-ton Farbgebung: Die Flächen werden durch homogene Farben von Dunkelgrün über Dunkelrot bis Dunkelblau beruhigt, die Profilkanten hingegen durch sanfte Pastelltöne betont. Sie verlaufen um den Tisch und geben ihm, je nach Stellung der Tischplatten, ein immer wieder neues, überraschendes Erscheinungsbild.
Und weil ein Tisch heute nicht mehr allein die Idee des „Five o´clock-Tea“ vertreten kann, haben wir den auf Rollen gelagerten Kubus auf das Format eines extrem flexibel und wandelbaren Beistelltischs verkleinert.
Interview mit Tobias Groß
Klare Kante – Brendels Tisch verjüngt
Studio für Gestaltung hat sich bei der Neuinterpretation eines Bauhaus-Möbels für den Teetisch von Erich Brendel entschieden. Ein auf den ersten Blick zurückhaltendes Möbel. Warum sprach es Dich an?
Wir arbeiten als Gestalter schon lange mit Tecta zusammen. Im Laufe dieser Zusammenarbeit fiel mir dieser ungewöhnliche und zugleich zurückhaltende Teetisch mehr und mehr ins Auge. Er drängt sich nicht auf und bekam in der Kommunikation bisher noch keine große Bühne. Die Begeisterung wuchs, als wir uns näher mit ihm beschäftigten. Brendels Gestaltung ist reduziert und klar wie das Bauhaus. Sie verkörpert Reduktion, Funktionalität, aber auch das Verspielte und den Humor. Dinge, die stark mit dem „Heute“ verbunden sind.
Welcher konstruktive Blick gefiel an diesem Möbel?
Es ist ein Tisch, der sich zurücknimmt, aber im nächsten Augenblick extrovertiert, großzügig und raumgreifend erscheinen kann. Durch die Möglichkeit des Ausklappens erhält er eine immer wieder neue Form. Mit einer ausgeklappten Seite verkörpert er das Auskragende und damit den engen Bezug zu Tecta. Mit jeder geöffneten Seite gewinnt er an Dimension. Der Tisch ist ein geniales Möbel, bei dem man die Flächen verdoppeln, verdrei- oder vervierfachen kann.
Was wurde mit der Neuinterpretation verändert?
Eigentlich hat man vor dem Bauhaus-Möbel so viel Respekt, dass man gar nichts verändern will. BauhausNowhaus hat uns in die Karten gespielt bei der „erlaubten“ Fragestellung: an welcher Stelle kann man das Möbel noch verbessern? Wir merkten, dass man es noch weiter reduzieren kann. Die Grundform des Kubus haben wir in den Mittelpunkt gestellt, aber das Podest weggenommen, weil es eine Veränderung des Kubus in die Vertikale mit sich brachte. Erich Brendel wollte den Tisch damit auf Höhe bringen, wir brauchten die Höhe aber nicht für die ausdifferenzierte Form.
Ist der Teetisch heute noch für seinen Einsatz als Five o´clock-Möbel gedacht?
Ich denke ihn als Beistelltisch, nicht mehr als Teetisch. Ich habe ihn zu Hause ausprobiert, aber in seiner alten Dimension war er eher störend. Für moderne, junge Wohnwelten haben wir seine Maße bewusst reduziert. Flächen und Stützen sind filigraner gestaltet, so erreichen wir ein leichteres, flexibleres Möbel als zuvor.
Was sollte an dem neuen Tisch betont und zeitgemäß nach vorne getragen werden?
Wir wollten den konstruktiven Moment des Möbels betonen. Die Scharniere sind sichtbar, alles Konstruktive ablesbar. Durch die bewusste farbliche Betonung der Profilkanten lenken wir den Blick auf den eigenwilligen Charakter des Möbels und unterstreichen ihn. Die neue Zweifarbigkeit lassen das Möbel zeitgemäß erscheinen. In der Fläche arbeiten wir mit ruhigen, gedeckten Farben: Oliv, Rot und Blau. Die Kanten stechen durch frische Pastelltöne hervor. Sie verlaufen um den Tisch und geben ihm je nach Stellung der Tischplatten ein neues, überraschendes Erscheinungsbild.
Denkt man als Grafiker Produkte eigentlich anders?
Als Grafiker haben wir zu Beginn irre Entwürfe auf die Flächen des M10 gelegt. Bauhaus-Muster, Pop-Art-Farben, Memphis-Grafiken – wir haben alles Denkbare ausprobiert. Aber wir haben uns dagegen entschieden, weil es zu laut ist. Es ist beim Kubus eine Menge möglich. Aber wir wollten das Bauhaus-Produkt nicht zum Marketing oder Grafik-Würfel degradieren. Man will alles mit Sinn und Verstand tun, mit Blick auf die Konstruktion. Wir arbeiten nicht mit Effekthascherei, dafür auch unser Studio für Gestaltung nicht.
Für wen könnte sich der M10 heute eigenen?
So wie er sich jetzt zeigt, zum Beispiel für kleinere Wohnungen, in denen man ein flexibles Möbel braucht. Er ist nicht festlegt auf eine bestimmte Aktion und Handlung, sondern ein Möbel, das sich vielseitig präsentiert. Man könnte ihn als Hocker nutzen, wenn man ihn aus der Ecke schiebt. Die meisten Produkte sind auf eine bestimmte Handlung hin durchgestaltet. Das gibt zwar Orientierung beim Kauf, aber mit mehr Flexibilität hat man später den Riesenvorteil, dass das Produkt vielschichtig einsetzbar ist und eine deutlich höhere Nutzbarkeit hat.
Was wäre das nächste Produkt, für das sich das Studio für Gestaltung interessieren könnte?
Wir sind Fans von Peter Keler. Der D1, der an die hundert Jahre alt ist, ist Sinnbild eines rollenden Sessels in seiner kubistischen Grundform. Man könnte hier viel mit dem Thema Materialität anstellen. Es wäre darüber hinaus eine tolle Idee, mit den rollenden Tecta-Tischen und Sesseln ein „rollendes Tecta-Popup-Café“ zu eröffnen, in dem nichts feststeht. Jede Stunde sieht es anders aus, weil die Besucher alles neu stellen und verändern können – ob zu zweit, zu viert oder zu zehnt. Das wäre ein freudvolles Projekt (lacht).